Test
Micro Seiki MA-707 (aus "AUDIO", 05/80)
Mit freundlicher Genehmigung der Motorpresse, Stuttgart
Manche
suchen ihr Glück in schnellen Autos. Andere finden es im Umgang
mit hochpräziser Feinmechanik. Für letztere wurden diese
vier Tonarme geschaffen.
Einzelkämpfer
"Krumm
ist zwar schöner, aber gerade klingt besser", stellte Mitsuo
Nemoto, 42, Chefentwickler des japanischen Tonarm- und Abtaster-Spezialisten
Audio Technica, lapidar fest.
"Ein
gerader Tonarm", so ist sich Nemoto sicher, "gerät
nicht so schnell in Torsions-Schwingungen, was sich in einem klareren
Klangbild bemerkbar macht."
Kein
Wunder also, daß die neueste Audio Technica-Kreation, der Tonarm
AT 1100, ein gerades Tonarmrohr besitzt. Das gleiche gilt auch für
die Tonarme MA 707 von Micro und EPA-500 von Technics. Auch hier waren
sich die fernöstlichen Entwickler einig, daß wohl der gerade
Weg der beste sei.
Entgegengesetzter
Meinung ist man dagegen bei der englischen Firma SME. Seit Jahren
halten die Briten am gekrümmten Tonarm fest, und so wartet auch
der jüngste Sproß der SME-Familie, der Typ 3009/IIIS. mit
einem S-Arm auf.
Diese
vier Konstruktionen, jede die jüngste des jeweiligen Herstellers,
trafen im AUDIO-Vergleichstest aufeinander. Wobei es allerdings
außer den zwei unterschiedlichen Armformen noch weitere weit
gravierendere Unterscheidungsmerkmale gab: Die Preise der vier Einzelkämpfer
reichen von 430 DM Mark für den SME, über 550 Mark für
den Micro und 700 Mark für den Audio Technica bis zu 800 Mark
für den Technics.
Der
Technics-Arm war allerdings nicht nur der teuerste - er bot auch die
meisten Möglichkeiten. Denn hier erwirbt der HiFi-Fan nicht schlicht
einen Arm zur Vervollständigung seines Laufwerks, sondern ein
komplettes System. Neben der Grundausstattung (Tonarm-Basis EPA-B500,
Tonarmrohr EPA-A501H und elektronischer Tonarmwaage SIE 50P1) bietet
Technics für je 200 Mark noch vier weitere Armrohre (EPA-A501
L, M, G und E) an, die auf Tonabnehmer mit unterschiedlicher Nadelnachgiebigkeit
abgestimmt sind.
Für
den Musikkfreund hat diese Systematik den Vorteil, daß er für
jeden Abtaster einen geeigneten Arm anschaffen und im Bedarfsfall
blitzschnell und ohne langwierige Justage den Abtaster wechseln kann.
Der EPA-500 ist meines Wissens der einzige Tonarm des Marktes, der
für jeden Abtaster mit genormtem 1/4-Zoll-Anschluß geeignet
ist, freut sich Lutz Meyer-Scharrer, 30, Produkt-Manager der deutschen
Technics-Vertretung in Hamburg.
Diese
Universalität erreichten die Technics-Mannen durch eine Einrichtung
namens Antiresonator, die unerwünschte Resonanzen des Armes bedämpft.
Jeder der fünf Steckarme ist mit einer speziellen Version eines
solchen Antiresonators ausgerüstet.
Einen
anderen Weg, die jeder Tonarm-Tonabnehmer-Kombination eigenen Schwingungen
zu bekämpfen, gingen die Entwickler von Audio Technica und SME:
In eine mit Silikon-Öl gefüllte Wanne taucht ein kleines
Paddel ein und bremst, ähnlich einem in Honig Getauchten Löffel,
die unerwünschten Eigenbewegungen des Armes ab.
Daneben
wartet der Audio Technica-Arm noch mit einer weiteren Besonderheit
auf: dem DTS-Arm. Dabei sitzt das Gegengewicht nicht auf der Verlängerung
des Tonarmrohres, sondern eine Etage tiefer auf Höhe der Abtastnadel.
"Durch diesen Trick erhalten wir", versichert Josef Wetz,
36, Geschäftsführer der deutschen Audio Technica, "eine
auch bei welligen Platten konstante Auflagekraft."
Ohne
jegliche Dämpfungseinrichtung muß dagegen der Micro-Tonarm
auskommen. Dafür besitzt er eine andere Spezialität. Ein
auf dem Tonarmrohr verschiebbares Gewichtchen ermöglicht die
Anpassung der Arm-Masse an unterschiedliche Nadelnachgiebigkeiten
(Fachbegriff: Compliance). Damit ist konstruktionsbedingt gesichert,
daß in den Micro MA 707 sowohl dynamische Systeme mit niedriger
als auch magnetische Abtaster mit hoher Compliance eingebaut werden
können.
Gehört
zum Lieferumfang des Technics-Tonarms: Tonarmwaage SH-50P1
Die Freude über derartige Vorzüge wird indes rasch getrübt,
denn beim Micro-Arm fiel die Justierschablone für die Tonabnehmer-Justage
recht ungenau aus: Sie weist eine Abweichung von plus drei Millimetern
gegenüber dem korrekten Einbaumaß auf. Wie die deutsche
Micro-Vertretung, die Firma All-Akustik in Hannover, auf Anfrage jedoch
zusicherte, soll die Genauigkeit der Schablone verbessert werden.
Für
den Hörtest mußte also, um den Micro-Arm nicht zu benachteiligen,
ohne die mitgelieferte Schablone die exakte Position gefunden werden.
Dies war mit Hilfe der AUDIO-Schablone (9/1979) möglich.
Schließlich sollte sich das komplizierte Verfahren, Laufwerk
und Tonarm getrennt anzuschaffen auch auszahlen. Denn wer sich das
Toplaufwerk RX 5000 (Test auf Seite 12) zulegt und mit einem teueren
Einzeltonarms bestückt, erwartet mit Recht besonders hohe Klangqualität.
Doch
um es vorwegzunehmen: AlIe vier Arme schlugen sich beachtlich gut.
Für die Kombination mit einem dynamischen Abtatster fiel der
Technics-Tonarm jedoch aus, da er für solche Arbeiten einen besonderen
Steckarm, den Typ EPA-A 501 L, benötigt. Dieser in aber erst
ab Herbst 1980 lieferbar.
So
mußten die drei verbliebenen Konkurrenten den ersten Hördurchgang
unter sich ausmachen, denn hier wurden sie mit dem dynamischen System
Dynavector-Karat bestückt. Als Vergleichsarm fungierte der ebenfalls
Karat-bestückte Toparm Dynavector 505, der sich seinen Kontrahenden
überlegen zeigte. Vornehmlich im Baßbereich konnte kein
anderer Arm seine Präzision erreichen, Am wenigsten in diesem
Punkt der SME -Arm der besonders bei lauten Baßpassagen zur
mulmigen Wiedergabe neigte. Die Klarheit und Straffheit des Dynavector
blieb ihm auch nach sorgfältiger Justage versagt.
Den
zweiten Testdurchlauf konnte dann das komplette Quartett bestreiten.
Denn für diese Runde wurden sie, wie auch der Vergleichsarm Hadcock
GH-228 (Test AUDIO 9/1978) mit dem Referenz-System AKG P8 ES
bestückt. Auch hier zeigte sich die insgesamt hervorragende Qualität
der Testteilnehmer.
Der
Audio Technica und der Technics ähnelten dem Headcock am meisten
und bestachen durch ein transparentes und gleichzeitig straffes, wohlproportioniertes
Klangbild. Lediglich in den Mittellagen erschien der Headcock bei
manchen Passagen einen Hauch härter. Der Micro klang demgegenüber
in den Mitten ein wenig weicher, manchmal auch gefälliger. Insgesamt
machte er in diesem Bereich einen nicht ganz so klaren und präzisen
Eindruck. Der SME fiel durch seine eingeschränkte räumliche
Wiedergabe auf und klang alles in allem am unpräzisesten, im
Baßbereich erneut ein wenig mulmig. Dies sollte jedoch in Relation
zu seinem Preis bewertet werden. Schließlich mußte er
gegen wesentlich teurere Konkurrenten antreten.
Der
SME 3009/IIIS ist also besonders für Interessenten mit schmalerem
Geldbeutel zu empfehlen, und auch für den Technics EPA-500 Einschränkungen
gelten: er taugt nur für sehr große Laufwerke, da seine
enorme Länge die Kombination mit Laufwerken normaler Größe
verhindert.
Der
Audio Technica AT 1100 und der Micro MA 707 sind dagegen Allround-Arme
mit einer Vorliebe für Systeme mittlerer bis hoher Nadelnachgiebigkeit,
die Mitsuo Nemotos Devise bestätigen.
Steckbrief
Technics
Vertrieb:
National Panasonic GmbH
Ausschläger Billdeich 32
2000 Hambug 28
Preis inklusive Tonarmwaage: 800 Mark
(bei der Preisangabe handelt es sich um Richtpreise nach Herstellerauskunft)
Steckbrief
Micro
Vertrieb:
All-Akustik-Vertriebs GmbH
Eichsfelderstraße 2
3000 Hannover 21
Preis: um 550 Mark
(Bei der Preisangabe handelt es sich um Richtpreise nach Herstellerauskunft)
Steckbrief
SME
Vertrieb:
Ortofon Deutschland
Cuvilliesstraße 8
8000 München
Preis inklusive Dämpfungswanne: um 430 Mark,
(Bei der Preisangabe handelt es sich um Richtpreise nach Herstellerauskunft)
Steckbrief
AT
Vertrieb:
Audio Technica Deutschland GmbH
Flinschstraße 61
6000 Frankfurt/Main
Preis: um 700 Mark
(Bei der Preisangabe handelt es sich um Richtpreise nach Herstellerauskunft)
Hans-Günter Beer