Was ist mit MICRO
SEIKI passiert?
Diese Frage interessiert wohl die meisten Besucher dieser Homepage.
Ich moechte diese Frage, so gut es geht, im Folgenden beantworten. Eines
muss ich jedoch vorweg erwaehnen: Die gesammelten Informationen stammen
aus verschiedenen Quellen. Ehemalige MICRO-Vertriebler, Techniker, Zeitschriften,
Freunde und Bekannte u.v.m. ohne diese explizid aufzufuehren. Weitere,
detailliertere Informationen, sofern von Ihnen, liebe Leser, zur Verfuegung
gestellt, sind wuenschenswert und werden selbstverstaendlich hier eingebunden.
Angefangen bei MICRO SEIKI hat alles in den fruehen 50ern. Jedoch nur
indirekt. Neuste Erkenntnissen nach zu urteilen, haben die ersten Laufwerke
doch erst Ende der Sechziger das Licht der Welt erblickt. Die Wurzeln
von MICO SEIKI, das heißt, das Kernteam, kannte sich schon aus
den 50ern, denn sie stammten alle aus einer Branche, dem Flugzeugbau.
MICRO in Deutschland
Die ersten katalogisierten Laufwerke sind nachgewiesermaßen die
111er bis 411er Laufwerke. Holzzargen bilden die Basis dieser Player
aus den spaeten 60er und fruehen 70er Jahren. In dieser Zeit, bis 1971,
muehte sich die Fa. Schaefer in Hannover um den Absatz der Laufwerke.
Auch an den ersten "Direkten", dem Modell MR 711 von Micro,
sind die Erinnerungen gut erhalten. In den 70ern erregte MICRO mit dem
Modell DDX 1000, im Jahre 1976 mit dem DD-40 und im Jahre 1979 mit dem
schon sehr ausgereiften High-End-Player RX 5000 grosses Aufsehen. Der
Name MICRO zog die ungeteilte Aufmerksamkeit der Fachpresse auf sich.
Unter Insidern wurde MICRO schon seit laengerem als Geheimtip gehandelt.
Ab Anfang 1972 uebernahm die neu gegruendete ""ALL-Akustik"
in Hannover den Vertrieb der exklusiven Laufwerke. Die "ALL"
entstand im uebrigen 1972 zu 100% aus Mitarbeitern der Fa. Hans Schaefer.
In den beginnenden 80ern kroenten Maschinen, wie der SX 8000 oder
der SZ-1T den japanischen Laufwerksbau.
Der aergste Feind der analogen Technik hielt in diesen Monaten Einzug
in die HiFi-Welt; der CD-Player! Zunaechst belaechelt, verdraengte er
aber sehr rasch die preiswerten Plattenspieler saemtlicher Hersteller,
nach und nach ebenfalls die Laufwerke von MICRO SEIKI. Auch die abgespeckte
Serie der
RX 1500 Laufwerke, die auf Basis des RX 5000 entstanden, und die 1984 auf den
Markt kamen, halfen nicht. Sie waren zwar um einiges preiswerter als
der sehr teuere RX 5000, verhalf jedoch MICRO SEIKI nicht zum gewuenschten
Erfolg, im CD-Zeitalter zu bestehen. Dieser Trend spiegelt
sich auch im letzten MICRO SEIKI Verkaufsprospekt der ALL-Akustik wider.
In dem ueber 20-seitigen Prospekt von 84/85, findet sich MICRO nur auf
sechs Seiten - auf den letzten sechs! Der weitaus groesste Teil des
Prospekts zeigt Luxman-Produkte.
Leztlich resultierten auch die stark gestiegenen Absatzpreise fuer die
Produkte aus Japan zunaechst in einer Stagnation, dann in einem Rückgang
des Laufwerksverkaufs, und die ALL aus Hannover stellte den Vertrieb
der Micro-Produkte ein. Ein wesentlicher Grund hierfür war sicherlich die
Entwicklung der japanischen Waehrung. Innerhalb kurzer Zeit verlor die Mark gegenüber
dem Yen ca. 30 % an Wert. Das machte die ohnehin schon sehr hochpreisigen
Produkte fast unbezahlbar.
Dennoch erregte Im Jahr 1986 abermals ein Test eines MICRO SEIKI (SX 555 FVW)
in der Zeitschrift "STEREOPLAY" aufsehen. Der Player wird
zur Referenz gekuert und als Vertrieb erscheint die hessische P.I.A.
MICRO gesellt sich nun zu Accuphase und Co. Letzte Preislisten der
P.I.A. aus 88 zeigen zudem schwindelerregende Preise, auch fuer die
kleineren Laufwerke.
Das Gastspiel bei der P.I.A. war nur von begrenzter Dauer. Massive Lieferschwierigkeiten,
die sich schon bei der Übernahme des Micro-Vertriebs abzeichneten,
verschlimmerten sich noch.
In den Jahren 1987 und 1988 konnten kaum Erstatzteile, geschweige
denn neue Player importiert werden. Die in den Preislisten ausgezeichneten
Laufwerke wurden, aufgrund von im Japan-Teil naeher
erlaeuterten Umstaenden, nicht mehr produziert.
In Verantwortung gegenueber dem Kunden legte man bei der P.I.A. das
Kapitel MICRO
im Sommer 1988 zu den Akten.
Abermals konnte man im Herbst 1988 für kurze Zeit über die Fa. WBS
in Stephanshausen
zumindest den damaligen Audio-Testsieger "CD-M2", einen CD-Player
der Luxusklasse von MICRO, beziehen. In diesen Zeitraum fallen auch die Laufwerke AP-M1 und AP-M2. Ob ueber WBS auch Plattenspieler
oder Ersatzteile und Zubehoer geliefert werden konnten, liess sich
nicht mehr klaeren.
Zu guter Letzt sollte sich der MICRO-Vertrieb Ende der 80er bei einer
jungen Firma Namens
"HiFi House Magnum GmbH"
aus Nuernberg wiederfinden. Dass man bei Magnum seinerzeit um den desolaten
Zustand von MICRO wusste, ist schwer vorstellbar. Durch tragische
Umstaende kam man bei Magnum ueber die Gruendungsphase nicht hinaus.
Auch die ersten Kontakte mit MICRO in Japan blieben im Versuchsstadium
stecken. Somit verschwand MICRO SEIKI endgueltig vom deutschen Markt.
Nebenbei gingen bei dieser Aktion auch viele original MICRO-Vertriebsunterlagen
verloren.
Was passierte in dieser Zeit in Japan?
MICRO SEIKI war schon seit den 50ern eine kollektiv gefuehrte Unternehmung
mit Wurzeln aus dem Flugzeugbau/Feinmechanik. Das Unternehmen stand
wohl in den späten 80ern mehrfach kurz vor dem Konkurs.
Diese Schwaeche nutzte ein Schreibgeraetehersteller in Tokio, namens
"Sailor Pen" um 1986 aus. Sailor Pen kaufte den groessten
Teil der Produktionsanlagen und natuerlich das Wichtigste, das Grundstueck
in der Tokioter Innenstadt. Das, was von MICRO noch übrig war,
zog an den Stadtrand von Tokio. MICRO lebte in dieser Zeit sozusagen
"von der Hand in den Mund". Was an Ersatzteil-Lagerbestaenden
noch uebrig war, wurde, soweit es ging, zu neuen Laufwerken zusammengeschraubt.
Eine Ersatzteilproduktion fand kaum mehr statt. Unterlagen, Service-Dokumente
oder Prospektmaterial konnte man schon um 1986 kaum mehr liefern (Die
P.I.A. hat zumindest sehr wenig bekommen !).
Ende der 90er, im Jahre 98 glaube ich, war es, tauchte MICRO auf einer
HiFi-Messe in Japan wieder auf. Dies waren ehemalige MICRO-Mitarbeiter,
die sich aber von der urspruenglichen MICRO SEIKI voellig distanzierten.
Sie brachten Neuentwicklungen auf den Markt, ohne jedoch auf nennenswerte
Akzeptanz zu stossen. Eine Saison spaeter, waren auch sie Geschichte.
Der Mythos um MICRO
SEIKI blieb aber fest in den Köpfen der Analogfreaks verankert.
So versuchte man unter Einbezug von drei wichtigen ehemaligen MICRO
Mitarbeitern und der amerikanischen Firma AXISS Distribution Anfang der
90er eine Neuauflage. Aber es sollte diesen Enthusiasten nicht anders
ergehen, als Ihren Kollegen 10 Jahre später bei der versuchten
Neuauflage des "audiolabor konstant": Aufgrund der begrenzten Produktionsprognosen war einfach alles
viel zu teuer!
August 2003
Recherchen zur Folge existiert die Firma Micro Seiki Co. Ltd.,
Tokio immer noch. Jedoch ist die Unternehmung Insolvent und nicht mehr
aktiv. Passiva in Millionenhoehe, EUR natürlich, warten auf Tilgung,
um so zumindest in Japan Namens- und Patentrechte freizugeben, sofern diese nicht mittlerweile ausgelaufen sind....Wohl dem, der investieren
möchte...